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AGW Presseinformation im September 2020

Corona-Krise am Arbeitsmarkt trifft junge Menschen und auch Arbeitslose hart!

29. September 2020

AG Wohlfahrt

Kreis Wesel, 29.09.2020. Junge Menschen, die ins Berufsleben starten wollen, und Arbeitslose im Hartz-IV-Bezug gehören schon jetzt zu den großen Verlierern der durch die Corona-Pandemie bedingten Krise. Denn die Einschränkungen bzw. das Aussetzen der Fördermaßnahmen und Arbeitsmarktinstrumente haben für viele massive Folgen. Das sind Erkenntnisse aus dem neuesten Arbeitslosenreport (3/2020) der Freien Wohlfahrtspflege NRW, der die „Arbeitsmarktpolitik in der Corona-Krise“ untersucht. Die Wohlfahrtspflege fordert größere Anstrengungen, um benachteiligte Jugendliche und Arbeitslose auch in der Corona-Krise zu unterstützen.

Besondere Sorge bereitet der Freien Wohlfahrtspflege der Anstieg der Arbeitslosenzahl bei den 15- bis 25-jährigen, die im Kreis Wesel von Januar (1.205) bis August (1.699) von 5,1 auf 7,3 Prozent gestiegen ist. Hinter diesen Zahlen stehen Schüler*innen, deren Vorbereitungen auf den Übergang in das Berufsleben durch den Lockdown und die Corona-Krise erheblich beeinträchtigt wurden. Schulunterricht fiel wochenlang aus, betriebliche Praktika wurden verschoben oder gleich ganz abgesagt. Aber auch so manche Auszubildenden der letzten Jahrgänge wurden nach Abschluss ihrer Ausbildung nicht übernommen. „Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt und umgekehrt wird, steuert unsere Gesellschaft auf ein riesiges Problem hin“, warnt Dr. Bernd Riekemann, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel.  

Besonders problematisch: Gleichzeitig ging auch die Zahl der Fördermaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit radikal zurück. Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, ausbildungsbegleitende Hilfen oder die sogenannte Einstiegsqualifizierung wurden heruntergefahren. Im April 2020, also während des Lockdowns, verzeichnet die Statistik im Kreis Wesel nur noch 12 Neuzugänge (gegenüber 53 im April 2019) in solche Maßnahmen. „Im August lagen diverse Maßnahmen der Jugendberufshilfe dann immer noch 34 Prozent unter dem Vorjahresstand – hier kann und muss schneller hochgefahren werden“, fordert Riekemann.  

Auch erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Hartz-IV-System gehören zu den großen Verlierenden in der Corona-Krise. Viele sind seit langen Jahren arbeitslos und haben beispielsweise mit einer psychischen Erkrankung, fehlenden Schul- oder Berufsabschlüssen, Wohnungslosigkeit oder hohen Schulden zu kämpfen. Beschäftigung schaffende Maßnahmen, etwa geförderte Arbeitsplätze oder Arbeitsgelegenheiten, stärken ihre soziale Teilhabe, helfen, den Tag zu strukturieren und führen sie allmählich wieder an den Arbeitsalltag heran. In der Corona-Krise können immer weniger Menschen eine solche Maßnahme beginnen. Im April 2020 wurden im Kreis Wesel nur 15 Zugänge in Beschäftigung schaffende Maßnahmen verzeichnet, rund 85 Prozent weniger als im April 2019.  

„Arbeitsgelegenheiten sind oft eine Möglichkeit, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben“, sagt Bernd Riekemann. Für viele Teilnehmende solcher Maßnahmen sei die plötzliche Schließung einer Radstation, einer Schulküche oder eines Sozialkaufhauses daher ein großer Schock und ein herber Verlust gewesen. „Von jetzt auf gleich fehlten ihnen persönliche Ansprache von Angesicht zu Angesicht und Kontakte zu Kolleg*innen, praxisnahe Förderung und nicht zuletzt Arbeit.“ Dass immer noch vielen Menschen die Rückkehr oder der Neuzugang in eine Maßnahme versperrt sei, obwohl der Lockdown aufgehoben wurde, ist für die Freie Wohlfahrtspflege nicht akzeptabel: „Dass das so ist, ist in vielen Fällen ebenso unverständlich wie ärgerlich“, unterstreicht der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel.

Man müsse leider feststellen, dass mancherorts die Erreichbarkeit der Mitarbeitenden sowie die Beratungs- und Vermittlungsaktivitäten in den Jobcentern in NRW immer noch zu wünschen übriglasse. „Wir appellieren deshalb dringend an die Verantwortlichen, auch in den Jobcentern nunmehr zügig in der ‚neuen Normalität‘ anzukommen!“, sagt Riekemann.

Den Anstieg der allgemeinen Arbeitslosenquote im Kreis Wesel bewertet der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel angesichts der Dramatik der weltweiten Krise als „derzeit noch moderat“. Im Kreis Wesel lag die Arbeitslosenquote im August 2020 bei 7,1 Prozent gegenüber 6,1 Prozent im Vorjahresmonat. Dennoch: „Jetzt müssen etliche Menschen mit schmerzhaften Einkommenseinbußen klarkommen, sei es aufgrund von Arbeitslosigkeit, sei es aufgrund von Kurzarbeit. Und niemand weiß, wie die Entwicklung weitergeht. Unsere gesellschaftlichen Solidaritätspotentiale waren und sind also gefordert - während des Lockdowns ebenso wie jetzt.“

Hintergrund:

Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport NRW“. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen.

Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege haben sich in der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel zusammengeschlossen. Gemeinsames Ziel ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit im Kreis Wesel und die Sicherung bestehender Angebote. Die Wohlfahrtsverbände bieten mit einem vielfältigen Spektrum an sozialen Dienstleistungen vielen Menschen Unterstützung und Hilfe – für Kinder, Jugendliche und Familien, für Seniorinnen und Senioren, für von Armut Betroffene, für Kranke, Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftige, für Menschen mit Migrationshintergrund, junge Menschen ohne Ausbildung oder Langzeitarbeitslose.

Download:

2020-09-29-pm_agw_coronakrise_am_arbeitsmarkt
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